Neue Jean Paul-Bücher hat auch der fabelhafte hochroth Verlag herausgebracht, der immer für Entdeckungen gut ist. Die hochroth-Bändchen sind schmal und schmuck und passen bequem in die Jackentasche - für wer in Bussen oder Bahnen unterwegs ist oder ins Café gehen möchte. Sie sind auch wohlfeile Sammlerstücke.
Unter dem Titel Jean Paul in der Musik hat Christoph Beck Vertonungen des 19. Jahrhunderts ediert. Der erste Band der zweiteiligen, in einer Auflage von je 200 Stück gedruckten, Ausgabe (die übrigens ein größeres Format hat als die übrigen Bücher des Verlags) enthält Lieder für Klavier und Singstimme, der zweite Band Klavierauszüge zu vier Händen.
Julia Cloot, Leiterin des Instituts für zeitgenössische Musik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt und Präsidentin der Deutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, hat ein Vorwort beigesteuert. (Jean Paul und die Musik war Thema ihrer Dissertation, sie kennt sich also bestens aus.)
In chronologischer Reihenfolge sind folgende Lieder abgedruckt:
Gottlob Wiedebein – An Wina (1827)
Heinrich Werner – Nasses Auge (1830)
Johann Friedrich Kittl – Wär’ ich ein Stern (1838)
Carl Grünbaum – Lied (1840)
Ernst Friedrich Kauffmann – Ständchen (1848)
Carl Reinecke – O wär’ ich ein Stern (1850)
Martha von Sabinin – O wär’ ich ein Stern (1855)
Albert Jungmann – Nasses Auge, armes Herz (1856)
Ernst Methfessel – Wär’ ich ein Stern (1866)
Eduard von Seldeneck – Wär’ ich ein Stern (1874)
Theodor Bradsky – An Lina (1879)
Friedrich Knolle – Wär’ ich ein Stern (1898)
- und die Klavierauszüge von:
Alexandra Josiphowna – Titan (1890)
Ferdinand Thieriot – Leben und Sterben des vergnügten Schulmeisterlein Wuz (1900)
Neben einer editorischen Notiz enthalten beide Bücher Informationen zu den Tonsetzern, zu denen auch zwei Komponistinnen zählen: Martha von Sabinin und Alexandra Josiphowna. Da große Namen fehlen (Franz Schubert, Fanny Hensel, Hugo Wolff, Robert Schumann, Clara Schumann, Johannes Brahms), dürften wohl alle vorgestellten Werke echte Ausgrabungen sein.
- Jean Paul in der Musik. Vertonungen des 19. Jahrhunderts. Herausgegeben von Christoph Beck. Mit einem Vorwort von Julia Cloot. 2 Bände. [Bd. 1: Lieder für Klavier und Singstimme; Bd. 2: Klavierauszüge zu vier Händen]. 46 Seiten, broschiert + 32 Seiten, broschiert. hochroth Verlag, Berlin 2012. 16,00 Euro [Bd. 1] + 14,00 Euro [Bd. 2]
Ebenfalls bei hochroth erschienen:
- Jean Paul, Polymeter. Herausgegeben von Friedrich Wilhelm Wagner. Nachdruck der Ausgabe von 1919. Umschlaggraphik von Uwe Meier-Weitmar. 54 Seiten, broschiert. hochroth Verlag, Berlin 2012. 6,00 Euro
Polymeter (Streckverse) ist (nach Meyers Konversations-Lexikon von 1888) bei Jean Paul eine "Bezeichnung für kurze Sätze oder Aphorismen, welche in einer Art rhythmischer Prosa und meist in überschwenglicher Form poetischen Empfindungen Ausdruck geben."
Ein Beispiel:
Schmetterlinge
Wallet nur hin ihr hübschen Schmetterlinge und
genießt die Honigwoche des kleinen Seins – ohne
Hunger – ohne Durst – ein schönes Sonnenleben
– ein Liebessein – und die einzige Kammer des
Herzens ist nur eine ewige Brautkammer der
Liebe – beugt die Blumen – lasset euch wehen –
spielt im Glanz und entzittert nur linde wie Blüten
dem Leben.
Dies also ein weiteres schönes Buch des Jean Paul-Jahrs, zugleich Erinnerung an Friedrich Wilhelm Wagner (1892-1931), den hochroth auch mit zwei eigenen Publikationen würdigt, Jungfraun platzen männertoll und Irrenhaus, Nachdrucken von erstmals 1920 erschienenen Gedichtbänden Wagners.
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