Gegen die Abschaffung des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs
Widerstand, Empörung, Schreck und Schock allerorten – mit Protestschreiben, Unterschriftenaktionen, Medienberichten, Statements wehren sich Verleger, Autorinnen und Autoren, Journalisten, Kunst- und Kulturschaffende und jetzt auch die Wettbewerbsjury in einem offenen Brief gegen die Sparpolitik des ORF und seine geplante Einstellung einer als „Kulturwunder“ (Juror Hubert Winkels) titulierten Medienveranstaltung mit Ewigkeitswert – die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt, übertragen nun seit undenkbar langen 25 Jahren live vom Kultursender 3sat. Gelesen und diskutiert wird seit 1977. Ja, es geht hier um Literatur, es ist Ernst, am Rande nur um einen 15-Stunden-Übertragungsmarathon. Budgetierung muss sein, Absetzung nein.
Im Ohr die Texte vom letzten Jahr Bachmann-Preis live vor Ort, Offenbarungen, das Mitlesen, die stille Spannung, die Entladung sowie weitere Zustände der Entrückung, die man überlebt hat. Und die soll es nicht mehr geben?
Von der IG Autorinnen Autoren und dem Österreichischen Journalisten Club stammt folgender Protestaufruf (24.06.2013):
Wir lassen uns die Eliminierung der letzten Reste der Kunst aus den ORF-TV-Programmen nicht gefallen
Die Unternehmensleitung des ORF hat beschlossen zu sparen. Das Sparprogramm richtet sich auf „Randzonen“ und soll Kernaufgaben nicht betreffen. Als Mitverursacher für die Einsparungen werden die
nicht mehr aus staatlichen Mitteln bezahlten Gebührenbefreiungen genannt. Prominentestes Opfer der Einsparungen ist der im ganzen deutschen Sprachraum bekannte
Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Am Sparprogramm soll sich auch dann nichts ändern, sollte die Refundierung der Gebührenbefreiungen doch noch erfolgen. Auf diese Weise uneingeplant zustande
kommende Einnahmen sollen der Filmproduktion zufließen. Selbst im Fall der doch noch erfolgenden Refundierung von Gebührenbefreiungen würden also Gelder aus dem Kultur- und Bildungsbereich auf
andere Bereiche umverteilt und bisherige Kultur- und Bildungsaufgaben nicht mehr wahrgenommen werden. Die eigentliche Kernkompetenz des ORF ist aber sein öffentlich-rechtlicher Auftrag. Sparten
der Kunst und Kultur gegeneinander auszuspielen, ist ein Verstoß gegen diesen gesetzlichen Auftrag und schadet dem Ansehen der Kunst in der Gesellschaft und im gesamten deutschen
Sprachraum.
Laut ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner ist die ORF-Unternehmensleitung für die Entscheidung zur Einstellung des Bachmann-Wettbewerbs nicht zuständig, obwohl die Vorgaben vom
ORF-Generaldirektor Wrabetz stammen. Das ist Sparkursmarketing und entspricht nicht der Realität. Das Landesstudio Kärnten setzt so wie alle anderen Landesstudios die von der ORF-Geschäftsführung
entweder konkret oder budgetär vorgegebenen Sparmaßnahmen um. Beendet werden soll auch die Zusammenarbeit des ORF mit dem steirischen herbst zur Durchführung des „musikprotokolls“.
Die vergleichsweise lächerlichen Kosten von 350.000 Euro, um die es beim Rückzug des ORF aus dem Bachmann-Wettbewerb geht, sind sicher nicht der Grund für die Einstellung. Rund
100 Millionen gibt der ORF allein für Sportrechte im kommenden Jahr zusätzlich aus. Vielmehr dürfte es dem ORF einmal mehr um die Befüllung von Sendezeiten mit quotenträchtigeren Programmen für
andere Zielgruppen gehen und zum anderen um den Rückzug aus dem Gemeinschaftsprogramm 3sat mit dem ZDF, der SRG und ARD.
Zur Unterstützung des Protests hier entlang
Wir nehmen die für die gesamte österreichische Kunst- und Kulturszene, die journalistischen und künstlerisch tätige Mitarbeiter/innen unverschämte Provokation und Brüskierung durch den ORF nicht
hin. Wir lassen uns die Eliminierung der letzten Reste der Kunst aus den ORF-TV-Programmen nicht gefallen. Wir fordern den ORF auf, seine Sport- und Unterhaltungsgelder umgehend auf den
Kunst- und Kulturbereich umzuschichten. Der ORF muss nichts zur noch größeren Bereicherung von internationalen Großveranstaltern im Sport beitragen, er muss keine Ballunterhaltungen
lückenlos begleiten, er muss die Grundversorgung mit kulturell hochwertigen Programmen garantieren.
Wir fordern den ORF auf, seinen Kultur- und Bildungsauftrag zu erfüllen und seine auf den Bachmann-Wettbewerb und das „musikprotokoll“ bezogenen Entscheidungen umgehend rückgängig zu machen und
den Kunst- und Kulturbereich bei seinen weiteren Sparplänen unangetastet zu lassen und nicht das Geld des ORF mit läppischen Softnewsprogrammen und lächerlichen Nachspielproduktionen zu
verplempern.
Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Fred Turnheim, Österreichischer Journalisten Club
Namentliche Unterstützung des Protests mit Berufs- und/oder Funktions- und Ortsangabe bitte an: Gerhard Ruiss, gr@literaturhaus.at
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