"Nimbus. Kunst und Bücher wurde 1996 von Bernhard Echte in Zürich gegründet. Seit April 2000 hat der Verlag seinen Sitz in
der "Villa zum Abendstern" in Wädenswil, dem Schauplatz von Robert Walsers Roman Der Gehülfe.
Im August 2007 trat Walter Feilchenfeldt als gleichberechtigter Teilhaber in den Verlag ein, der seitdem als AG firmiert.
Bernhard Echte war lange Jahre Leiter des Robert Walser-Archivs in Zürich und entzifferte
zusammen mit Werner Morlang Walsers rätselhafte "Mikrogramme". Daneben gab er mehrere Bände der Werke und Briefe Friedrich Glausers heraus, edierte Hugo Ball, Marieluise Fleisser, Emmy Hennings, Franz Hessel und andere. Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Ausstellungsmacher
produzierte er verschiedene Katalog-Publikationen, was ihn zur Gründung des Verlags anregte."
So die Geschichte des Verlags, wie sie auf der Website von Nimbus nachzulesen ist.
"Kunst und Bücher" ist offen formuliert, mit der Akzentsetzung auf Kunst aber gegenüber der stets zu meidenden Beliebigkeit abgegrenzt. Neuerdings (oder kommt es mir nur so vor, und es geht schon länger?) verlegt Nimbus auch Belletristik. Der literarische Haupttitel ist in diesem Jahr Die erste Welt von Jürg Amann (1947-2013):
Jürg Amann, Die erste Welt
"Vornehmlich die dunklen Seiten der Kindheit und Jugend hat der Schweizer Schriftsteller Jürg Amann bisher beschrieben. Nun wendet er sich dem anderen, schwierigeren Teil zu: der Beschreibung des Hellen, des Lichts. Dessen es schließlich auch bedarf: um die Schatten zu werfen. In das hinein, was er Die erste Welt nennt. Die Welt, die man vorfindet, wenn man zur Welt kommt. Jeder hat seine, jede hat ihre.
Um der Gefahr der Idyllik, des Kitsches dabei von vornherein entgegenzutreten, setzt er sich strenge formale Regeln: Jedem Motiv aus dem großen Motivfeld der Adoleszenz widmet er jeweils nur einen einzigen Satz. In ihn muss alles gefasst sein, was ins Kraftfeld der spezifischen Erinnerung gerät. Erst wenn sich die Erinnerung erschöpft, wenn das Motiv als Gravitationszentrum seine Anziehungskraft verliert, kommt auch der Satz zum Ende. Und erst in der Pause, auf dem Rastplatz der Leerzeile, die das eine Motiv vom nächsten trennt, wird wieder Kraft geschöpft für den neuen Absprung, für den nächsten Satz. So immer weiter, in einer Art – paradox ausgedrückt – kontrollierter écriture automatique, bis ans Ende der Erinnerungskette, bis zum letzten Punkt, mehr den Gesetzen der Musik gehorchend als den Gesetzen der Prosa.
Eingefasst ist alles in einen Auftakt, der den Ton angibt, und eine Coda, die ihn zurücknimmt. Das Haus ist die Mitte, vom Haus aus immer weiter hinaus breitet sich in konzentrischen Kreisen die Lichtwelle aus, ins Haus fließt sie am Ende wieder zurück."
(Text: Nimbus Verlag)
- Jürg Amann, Die erste Welt. Roman. 116 Seiten, bedrucktes Leinen, Fadenheftung. Nimbus Verlag, Wädenswil 2013. 22,00 Euro
Ein weiteres bemerkenswertes Buch des Jahres: Begleitend zur Werkschau, die derzeit im Berliner
Martin Gropius-Bau gezeigt wird, ist im Nimbus Verlag der Band
Barbara Klemm. Fotografien 1968-2013 erschienen.
Barbara Klemm Fotografien 1968-2013
"Mehr als 40 Jahre war Barbara Klemm an den Brennpunkten des Zeitgeschehens. Als Fotografin der Frankfurter Allgemeine[n] Zeitung wurde sie Zeugin von zahlreichen Schlüsselereignissen der Epoche: Willy Brandt 1973 im Gespräch mit Leonid Breschnew, umringt von Beratern und Journalisten; die Nelkenrevolution 1974 in Portugal; Papst Johannes Paul II. bei seiner ersten Polenreise in den Jahren der Solidárnosz, Michail Gorbatschow 1989 am 40. Jahrestag der DDR in Ost-Berlin; Václav Havel 1990 freudig in der Prager Burg; der Fall der Mauer und die deutsche Vereinigung.
Viele andere haben diese Momente ebenfalls fotografiert, doch Barbara Klemm hat die Bilder geschaffen, die sich ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben haben. Ihr fotografisches Werk reicht jedoch noch weit darüber hinaus. Sie hat Osteuropa und Russland bereist, als dies nur unter großen Restriktionen möglich war, und ihre Bilder blickten eindringlich hinter die offiziellen Fassaden. Sie fotografierte Südafrika zur Zeit der Apartheid; ihre Bilder der Hungerkatastrophe in der Sahel-Zone rüttelten die westliche Welt auf; in Chile wartete sie Stunden auf eine Vorbeifahrt des Diktators Pinochet, den sie in diesem kurzen Moment entlarvend festhielt. In Kalkutta ging sie nachts ohne Schutz durch die Elendsviertel und brachte Bilder mit, die erschütternd und malerisch zugleich sind. Den Zusammenprall sozialer Gegensätze in New York hat sie ebenso dokumentiert wie die Einsamkeit der Spieler in Las Vegas.
Immer sind es die Menschen, auf die Barbara Klemm ihr Augenmerk richtet – seien sie nun mächtig oder arm, bürgerlich oder exzentrisch. So ist denn auch das Porträt das Gebiet, dem ihre besondere Leidenschaft gilt. In den Bildnissen von Künstlern, Musikern und Literaten spürt Barbara Klemm den ausgeprägten Charakterzügen des Menschen nach und vereinigt Erfahrungen, die sonst als gegensätzlich empfunden werden: comédie humaine und conditio humana."
(Text: Nimbus Verlag)
- Barbara Klemm. Fotografien 1968-2013. 380 Seiten mit 250 Abbildungen in Duoton. Mit Texten von Michael Koetzle und Durs Grünbein. Leinen mit Schutzumschlag. Nimbus Verlag, Wädenswil 2013. 48,00 Euro
/ mr
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