Viktor Schklowski lebte im Frühjahr 1923 in Berlin. Er schrieb über Literatur und Film, und er schrieb Briefe an eine geliebte Frau, die von seiner Verliebtheit nichts hören wollte. So entstand ein virtuoser Briefroman, der vom Fremdsein, dem Alltag im Exil, von Streifzügen durch Ateliers und Nachtlokale sowie der Sehnsucht nach Russland erzählt.
Viktor Schklowski; Olga Radetzkaja (Übersetzerin)
Briefroman
189 Seiten
22 € [D], 22,70 € [A]
ISBN: 978-3-945370-34-6
Erschienen am 16.03.2022
Dieses Buch in der Lieblingsbuchhandlung vor Ort oder hier kaufen.
Inhalt:
Viktor Schklowski (1893–1984) schrieb »Zoo. Briefe nicht über Liebe, oder Die dritte Heloise« Anfang 1923 in Berlin, wo sich zu der Zeit eine ganze Kolonie russischer Autoren und Künstler
aufhielt. Schklowski hatte sich in Alja (Elsa) Triolet verliebt (die Schwester von Majakowskis Geliebter Lilja Brik wurde später als französische Schriftstellerin bekannt), stieß jedoch nicht auf
Gegenliebe. Da Alja ihn auf Distanz hielt, schrieb er ihr Briefe, die auf Wunsch der Adressatin aber nicht von Liebe handeln durften. Aus dieser Spielregel entstand ein höchst ungewöhnliches
Buch, in dem reales Dokument und Fiktion unmöglich auseinanderzuhalten sind – eine flirrende literarische Illusion. »Zoo« erschien noch 1923 in Berlin: Es wurde Schklowskis größter literarischer
Erfolg.
Der verliebte Korrespondent macht aus der ihm diktierten Auflage das Beste: Seine Briefe erzählen vom mühsamen Alltag im Exil, von Streifzügen durch die deutsche Metropole und ihre Kunstszene,
aber auch vom Heimweh nach Russland und den politischen Umbrüchen der Zeit. Doch wo es nirgends um Liebe gehen soll, handelt zugleich alles von ihr – Schklowskis und Triolets Briefe sind
durchdrungen von Sehnsucht und Begehren. Traurig und komisch, ironisch und paradox: Olga Radetzkajas Übersetzung zeichnet Schklowskis oft abrupte Tonart- und Themenwechsel in ihrer Übersetzung
präzise nach und legt die literarischen, biografischen und politischen Schichten des Textes frei. »Zoo« ist ein raffiniertes Vexierspiel, das tänzelnd alle Genregrenzen sprengt – und zugleich ein
berührender Einblick in das Liebesleid eines unglücklichen Berliner Exilanten.
Der Autor:
Viktor Schklowski (1893–1984), Sohn eines jüdischen Volksschullehrers und Enkel eines deutschstämmigen Großvaters, studierte in St. Petersburg Philologie. Im Februar 1917 stellte er sich als
Soldat mit seiner Einheit auf die Seite der Revolution und wurde Armeekommissar an der galizischen Front und später in Persien. In Petrograd lehrte er nach der Oktoberrevolution am Institut für
Kunstgeschichte und spielte eine führende Rolle im kulturellen Leben der Stadt. Im Bürgerkrieg kämpfte er gegen die Weißen und musste schließlich wegen drohender Verhaftung über die Ostsee nach
Finnland und 1922 nach Berlin fliehen. 1923 kehrte er nach Moskau zurück, nachdem sich Gorki und Majakowski für seine Rückkehr eingesetzt hatten. Schklowski überlebte den Stalinismus und
arbeitete als Literatur-, Theater- und Filmkritiker sowie als Drehbuchautor und Essayist. Er gehörte als Mitbegründer des OPOJAS (der Gesellschaft zum Studium der poetischen Sprache) zu den
Hauptvertretern des russischen Formalismus und schrieb einflussreiche Biografien u. a. über den Filmregisseur Sergej Eisenstein sowie Lew Tolstoi und Wladimir Majakowski.
Die Übersetzerin:
Olga Radetzkaja, 1965 geboren, studierte Slawistik und Komparatistik und hat u. a. Lew Tolstoi, Julius Margolin, Vladimir Sorokin, Boris Poplawski, Polina Barskova und Maria Stepanova übersetzt. Sie ist Co-Autorin des Dokumentarfilms »Spurwechsel. Ein Film vom Übersetzen« (2003) und arbeitet seit 2008 als Redakteurin bei der Zeitschrift »Osteuropa«. 2018 war sie mit ihrer Übersetzung von Viktor Schklowskis »Sentimentaler Reise« für den Leipziger Übersetzerpreis nominiert, 2019 erhielt sie dafür den Straelener Übersetzerpreis.
Leseprobe:
Dieses Buch in der Lieblingsbuchhandlung vor Ort oder hier kaufen.