Der mit 5000 Euro dotierte Preis der Hotlist geht 2022 an den Guggolz Verlag für Viktor Schklowskis Zoo in der Übersetzung von Olga Radetzkaja. Das sagt die Jury:
Die Jury verleiht den Preis der Hotlist 2022 dem Berliner Guggolz Verlag für das Verdienst, Viktor Schklowskis Zoo. Briefe nicht über Liebe, oder die dritte Heloise wiederentdeckt und in neuer, auf der russischsprachigen Erstausgabe von 1923 basierender Übersetzung zugänglich gemacht zu haben.
Ausgezeichnet wird der Verlag für einen herausragend edierten sowie anspruchsvoll gestalteten Band, in dem Schklowski (1893 – 1984) mit der subversiven Stimme des sowjetischen Emigranten ein eigenwilliges, hochgradig poetisches Panorama des russischen Berlin von vor einhundert Jahren entfaltet.
Schklowskis Briefroman gewinnt seinen Stoff aus der Korrespondenz des Erzählers mit der von ihm verehrten Alja (als deren Vorbild Elsa Triolet gilt). Im Milieu des literarischen Exils angesiedelt changieren die Briefe zwischen surrealen Szenen aus Menagerie und Zoo (»Das Affenheer hat keine Wohnung«) und Reflexion, Verzweiflung, Hoffnung. Sprühend vor Einfällen skizziert Schklowski ein »babylonisches Durcheinander«, wie es konstitutiv ist für die fundamental erschütternde Erfahrung von Fremde und Entfremdung, in der dennoch weiter gesucht wird nach Verständigung, Liebe und Nähe. »Aus Kränkungen machen wir Literatur«, konstatiert der Briefschreiber, der sich zurücksehnt nach Russland und trauernd anmerkt: »Russland liebt die Juden nicht.«
Ihrer exzellenten Übersetzung hat Olga Radetzkaja einen unverzichtbaren Anmerkungsteil hinzugefügt, der den Text zeithistorisch auffächert. Die Neuausgabe schließt mit einem klugen Essay Marcel Beyers. Die »tröstende Wirkung« Schklowskis, von der darin die Rede ist, klingt lange nach.
Der AvivA Verlag erhält für die zweibändige Werkausgabe von Aphra Behn in der Übersetzung von Tobias Schwartz den Dörlemann ZuSatz und damit einen Satzkosten-Gutschein im Wert von 1500 Euro der Firma Dörlemann Satz. Das sagt die Jury:
Virginia Woolf und Vita Sackville-West verehrten sie und machten auf sie aufmerksam, und dennoch erhält die englische Schriftstellerin Aphra Behn (1640-1689) im deutschsprachigen Raum bis heute nicht die Beachtung, die ihrem Werk angemessen wäre. Erfreulicherweise hat der Autor und Übersetzer Tobias Schwartz Gedichte, Prosa und Stücke dieser vielseitigen Feministin ausgewählt, übersetzt und im AvivA Verlag herausgegeben. In seinem klugen und witzigen Vorwort wirbt Schwartz leidenschaftlich für ein Schaffen, das unserer Gegenwart aus einer vollkommen fremden Zeit und Gesellschaft heraus viel zu sagen hat. Die Palette ihrer Themen reicht von Kolonialismus-Kritik bis zu erotischem Verlangen im Zeichen von gender trouble, der stilistische Auftritt ist forsch und selbstbewusst. Der ausgezeichnete Verlag hat dafür gesorgt, dass die Gestaltung der beiden Bände große Lust darauf macht, die Texte dieser »Weltreisenden, Spionin und Star-Autorin« (Tobias Schwartz) zu entdecken.
Ganz herzlichen Glückwunsch!