Weidle Verlag

Edem Awumey: Nächtliche Erklärungen

Roman

 

Ito Baraka wird sterben. In einer lichtlosen Souterrainwohnung in Hull. Dort lebt er mit seiner Freundin Kimi Blue, indigener Herkunft und heroinsüchtig. Doch bevor Ito an Leukämie stirbt, muß er noch dieses Buch fertigschreiben, den Roman, in dem er erzählt, was in seinem Heimatland geschehen ist.

 

Das Bild zeigt das Cover von Nächtliche Erklärungen von Edem Awumey.
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Edem Awumey; Stefan Weidle (Übersetzer)

Nächtliche Erklärungen

Roman

208 Seiten

22,00€ (DE), 22,90€ (AT), 33,90 CHF

ISBN 978-3-938803-97-4

 
 

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Inhalt:

 

Ito Baraka wird sterben. In einer feuchten, lichtlosen Souterrainwohnung in Hull bei Ottawa. Dort lebt er mit seiner Freundin Kimi Blue, sie ist indigener Herkunft und heroinsüchtig. Doch bevor Ito an Leukämie stirbt, muß er noch dieses Buch fertigschreiben, den Roman, in dem er erzählt, was in seinem Heimatland geschehen ist, wo die Sonne die Haut verbrennt, das Gehirn austrocknet und das Augenlicht löscht. In dem Land brennt eine weitere Sonne, ein Diktator, der Angst hat. Und wenn ein Diktator Angst hat, dann schlägt er um sich.

 

Zuerst trifft es einige junge Studenten, die Flugblätter mit Zitaten Samuel Becketts verteilen, dann die Alten, denen er Zauberkräfte unterstellt. Ito, einer der Studenten, lernt den viel älteren Koli Lem kennen, als sie im Straflager eine Zelle teilen. Koli Lem ist blind geworden, als seine Folterer ihn in die Sonne starren ließen. Doch niemals trennt er sich von seinen Büchern. Im Schein einer gestohlenen Petroleumlampe liest Ito ihm nachts vor, und in den Werken der Weltliteratur finden sie gemeinsam in eine Zone, in der ihnen niemand etwas anhaben kann. Nach dem Zusammenbruch des ungenannten Staates kommt Ito frei. Er beginnt zu schreiben und erhält ein Arbeitsstipendium in Kanada, wo er bleibt. Doch er lebt zwischen zwei Welten, die sich nicht vereinen lassen.

 

Leseprobe

 

Das Ende der 1980er Jahre sah uns am Beginn einer Art Fieber. Auf den Straßen und den Märkten wie auf den Theaterbühnen träumten wir mit geschlossenen Lidern und sahen die Architektur des Landes, das da kommen sollte, Zeitungen jeder Couleur, die verschwommene Konturen eines Rechtsstaats skizzierten, eines Staats mit Redefreiheit und dem Recht auf Selbstverwirklichung.

Doch diejenigen, die die Eier hatten, in den Zeitungen zu schreiben, wurden oft genug verprügelt oder, schlimmer noch, abgeknallt. Also mußte eine andere Möglichkeit gefunden werden, das zu sagen, was den Bullen nicht gefiel. Wir dachten an das Theater; auf einem freigeräumten winzigen Streifen in Benos Zimmer mimten wir die großen Charaktere: King Lear, Père Ubu, Toussaint Louverture, Despoten oder Helden in den Kerkern von Frankreich, Kamtschatka oder dem Kongo. Wir schlüpften in die Haut dieser Charaktere, um unsere Begabung für die Schauspielerei zu testen. Das Spielen machte uns Spaß, wir bogen uns beim Mimen der Clownsfiguren. So kamen wir zu dem Schluß, daß wir, wenn diese Rollen und Gesten uns so sehr zum Lachen brachten, keine schlechte Figur machen würden beim Neuerfinden unseres Lebens auf der Bühne. Eines Morgens also beschlossen Beno, Wali, Sika und ich, uns aus all den Teilen ab jetzt unsere eigene Realität zu schaffen, ein Stück zu kreieren, in dem wir herausschreien konnten, was wir wollten, ohne Repressalien des Sergeanten mit der Maschinenpistole fürchten zu müssen. Wir faßten den Plan, einen flammenden Text zu schreiben mit einer Rolle für jeden von uns, ein Vierpersonenstück also. Dies letztere stellte natürlich eine Einschränkung dar, aber wir würden es dennoch schaffen, da wir auf unser leuchtendes Projekt vertrauten (oder von ihm geblendet waren). Wir dachten noch über dieses Vierpersonenstück nach, als Wali in der Unibibliothek einen Beckett auslieh, den wir noch nicht gelesen hatten, Endspiel. Und da uns der Zufall manchmal in die Hände spielt, bestand das Personenverzeichnis aus drei Männern und einer Frau. Das waren wir, wir selbst steckten in derselben lähmenden Scheiße wie Becketts Geschöpfe, und mir kam ein Satz aus seinem Molloy wieder in den Sinn: »Wenn man bis zum Hals in der Scheiße steckt, bleibt einem nur noch zu singen!«

 

 

Das Bild zeigt den Autor Edem Awumey.
(c) Jean-Marc Carisse

Der Autor:

 

Edem Awumey wurde 1975 in Lomé, Togo, geboren. Explication de la nuit, so der Originaltitel, ist sein vierter Roman. Er erschien 2013 in Kanada und wurde bereits ins Englische übersetzt. Edem Awumey lebt in Vieux-Hull bei Ottawa. Er ist für September zum internationalen literaturfestival berlin eingeladen.

 

 

Das Bild zeigt den Übersetzer Stefan Weidle.
(c) Lisa Bach

Der Übersetzer:

 

Stefan Weidle, 1953 in Stuttgart geboren, studierte u.a. Germanistik, Sprachwissenschaften, Kunstgeschichte und Philosophie in Bonn. Seit den 80er Jahren Tätigkeit als Übersetzer aus dem Englischen und freier Lektor. Ab 1991 entstehen selbst betreute Bücher, erst im Juni-Verlag, später im Alano-Verlag. 1994 Gründung des Weidle Verlags.

 

Leseprobe:

 

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